Co-Abhängigkeit auf mehreren ebenen

Viele Menschen glauben, das Co-Abhängigeit nur im Zusammenhang mit einem Suchtkranken auftritt. Das macht auch Sinn, denn immer wieder spricht man bei Angehörigen von Alkoholkranken von Co-Abhängigkeit. Partner und Kinder versuchen oftmals vergeblich, dem Alkoholproblem mit viel Fürsorge, Verständnis oder auch gezieltem Kontrollieren und Drohen entgegenzuwirken. Wenn wir dann zu sehr unter der Sucht unseres geliebten Menschen leiden, neigen wir dazu, co-abhängig zu werden.

Aber hinter Co-Abhängigkeit steckt noch viel mehr als nur das Verhalten gegenüber einem suchtkranken Menschen. Co-abhängig ist im Grunde jeder,

„der ein niedriges Selbstwertgefühl hat, sich von der Beziehung zu einem anderen Menschen abhängig macht und taub für seine eigenen Gefühle und Bedürfnisse ist.“

Mittlerweile studiere ich dieses Phänonmen schon über 7 Jahre und durfte dabei vor allem mein eigenes Verhalten beobachten. Sowohl bei mir als auch bei meinen Klienten oder anderen Menschen sehe ich mittlerweile sehr genau, wo co-abhängiges Verhalten an der Tagesordnung ist.  Ich weiß nicht, welche Tatsache mich dabei mehr erschreckt. Die, dass Co-Abhängigkeit sich in so vielen Lebensbereichen bemerkbar macht oder die, dass die meisten Menschen es nicht einmal wissen.

Im Folgenden habe ich 33 Merkmale aufgelistet, dan denen du dein eigenes Verhalten mal analysieren kannst, um ein besseres Gefühl für dich zu bekommen. Es müssen selbstverständlich nicht immer alle auf dich zutreffen, vielleicht trifft auch gar nichts davon auf dich zu. Sie geben dir nur eine Richtung und Orientierung, damit du dich im täglichen Leben besser reflektieren kannst. Nicht, um dich schlechter zu fühlen sondern um genau daran ansetzen zu können. Denn Bewusstsein ist immer der erste Schritt in die Veränderung.

Diese anzeichen sprechen für Co-Abhängigkeit:

  • du hast eine Beziehung (jeglicher Art) zu einem suchtkranken Menschen
  • du musstest während deiner Kindheit schon früh erwachsen werden
  • deine Aufgabe als Kind war es, dass die Familie funktioniert
  • dir fällt es sehr schwer, „Nein“ zu sagen und anderen einen Gefallen abzuschlagen
  • du hast Schwierigkeiten Kritik anzunehmen, da du sehr sensibel bist
  • dir fällt es schwer „dysfunktional“ und „normal“ zu unterscheiden
  • du fühlst dich oft für die Fehler anderer schuldig
  • „Ja“ sagen fühlt sich für dich eher an wie eine Pflicht und nicht wie eine Option
  • du beantwortest die Frage „Wie geht’s dir?“ grundsätzlich mit „Gut.“, auch wenn es nicht so ist
  • du denkst dir, dass da „nur noch diese eine Sache“ fehlt, damit sich dein Leben endlich grundlegend ändern kann
  • du bist an deinem freien Tag oftmals mehr eingespannt, als an deinem Arbeitstag
  • du bist für deine Freunde immer der Helfer/Seelentröster/Therapeut bist
  • du glaubst, dass sich deine Probleme auflösen, wenn du sie dir nicht anschaus
  • du hast immer das Gefühl, dass du mit deinen Ansichten und Argumenten falsch liegst
  • du fragst andere Menschen oft nach ihrer Meinung oder wie du dich entscheiden sollst
  • du denkst, Lügen ist besser, als die Gefühle deines Gegenübers zu verletzen
  • du lässt dich immer wieder zu Dingen überreden, auf die du eigentlich gar keine Lust hast
  • „Es tut mir Leid“ gehört zu deinen Standard Antworten
  • du lässt über etwas abstimmen, damit du dir deine „eigene“ Meinung bilden kannst
  • du erteilst Ratschläge, auch wenn andere sie gar nicht wollen oder nicht danach fragen
  • du schlüpfst immer in die Rolle des Helfers, lässt dir aber selbst nicht gerne helfen
  • du hilfst ständig anderen und fokussierst dich auf Menschen, die Hilfe brauchen 
  • in deinem Leben läuft eigentlich alles ganz okay, aber fühlst dich trotzdem nicht gut
  • du stellst die die Bedürfnisse und Gefühle anderer immer wieder über deine eigenen
  • du bist gekränkt, sobald andere dein Aufopfern nicht wertschätzen
  • deine Laune ist abhängig von der Laune anderer Menschen 
  • du fühlst dich oft einsam oder wertlos, wenn du alleine bist
  • du findest dich immer in ungesunden Beziehungen wieder
  • du bist sehr perfektionistisch und machst dich fertig, wenn du Fehler machst 
  • du hast das Gefühl, nur existieren zu dürfen, wenn du was für andere tust
  • du bist oft taub für deine eigenen Bedürfnisse und Gefühle
  • du fühlst dich dich schnell ungerecht behandelt
  • du lebst in ständiger Angst, von anderen verurteilt oder zurückgewiesen zu werden

Fazit

Fast alle dieser Dinge entspringen tief verwurzelten Glaubenssätzen und sind Teil von festgefahrenen Gewohnheiten. Manche wirken so normal und vertraut, dass wir sie gar nicht mit Co-Abhängigkeit in Verbindung bringen. Auch ich habe mein Leben lang mit diesen Problemen gekämpft, ohne überhaupt zu wissen, dass der Ursprung in meinem niedrigen Selbstwertgefühl lag. Wenn du wissen willst, wie du an deinem Selbstwertgefühl arbeiten kannst, lies dir diesen Artikel durch.

Ich hatte eher den Eindruck, dass ich eben einfach so war, wie ich war – nämlich perfektionistisch, unsicher, schuldig und auch irgendwie falsch. Als ich aber eine Erklärung für mein Verhalten fand und mir klar wurde, dass ich seit meiner Kindheit co-abhängig war, war ich endlich in der Lage diese Dinge an mir zu ändern.

Tatsache ist, dass ich in einer Alkoholikerfamilie aufgewachsen bin. Ich war fast mein ganzes Leben lang co-abhängig und trage deswegen vielleicht Narben aus meiner Kindheit. Aber muss ich deswegen auf ewig leiden? Muss ich mich freudlos durch das Leben boxen, wie es mir vorgelebt wurde?

Das dachte ich lange Zeit, aber ich durfte etwas anderes erfahren. Ich habe meine Perspektive geändert und Dinge in mir verändert, statt im Außen. Ich betrachte mich seither nicht mehr als machtloses Opfer meiner Umstände, sondern nehme jede Veränderungen aktiv in die Hand.

Mit täglicher Arbeit an mir selbst fand ich schließlich meinen Weg ins Glück. Freiheit, Lebensfreude, Frieden, Liebe, Spaß – all das war mal lange Zeit sehr fernab meiner Realität, aber jetzt ist es da und zwar jeden Tag. Und das gelang mir letztendlich nur, weil ich uneingeschränkt die Verantwortung für mein Leben übernahm und niemals aufgegeben habe, egal wie schwer es mal auf dem Weg war und egal wie oft ich immer wieder fast aufgeben wollte.

Wenn du dich in den obigen Anzeichen wiederfindest und bereit bist für wahrhaftige Veränderungen, weiß ich, dass auch du es schaffen kannst. Du kannst dir ein erfülltes Leben kreieren, dass nicht negativ mit Co-Abhängigkeit behaftet ist. Du bist der Schöpfer deines Lebens und wenn du das einmal erkannt hast, wirst du dir die Freiheit kreieren, die du dir schon immer gewünschst hast. Du darfst richtig glücklich werden! Und du bist jederzeit in der Lage ein ganz neues Leben zu beginnen.

Jederzeit. And the time is now. Always.

With love, Mel


DEINE ZEIT IST GEKOMMEN

Für wahrhaftige und aktive Veränderungen habe ich übrigens meine kostenfreie Online Support Gruppe ins Leben gerufen. Die Breaking Free Community bietet dir einen sicheren Ort für Unterstützung, Hilfe und Lösungen durch meine LIVE Trainings.

2 Gedanken zu „Angehörige Alkoholiker: 33 Anzeichen, dass du co-abhängig bist“

  1. Hi, Mel!

    Was für massig Arbeit, all diese Dinge zu recherchieren und zusammen zu fassen! Das ist Dir wirklich sehr gut gelungen und ich möchte Dir dafür danken! Mich bewegt gerade die Tatsache, dass ich mein früheres Selbst in diesen Verhaltensmustern erkenne, dazu, hier noch Folgendes zu kommentieren: Ich habe am meisten bei dem Punkt „sich für andere aufopfern und nichts zurückbekommen“ gestockt… Das ist für mich der Inbegriff meiner derzeitigen Erkennntisse – denn genau das war immer mein Problem. Ich habe versucht, aus Freundlichkeit und aus Erziehung heraus, immer die Belange der anderen in den Vordergrund zu stellen und erkannte dabei gar nicht, dass ich keinerlei Grenzen zu setzen fähig war, weil niemals in meiner Kindheit gelernt! Man war kein Individuum, sondern müsste funktionieren, um die Gemeinschaft der Familie in allem zu unterstützen… Nun, ich werde noch sehr viel darüber nachdenken, vielen Dank noch einmal!
    Herzliche Grüße

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    • Hallo Nihan,

      danke für deinen Kommentar!
      Das Thema Grenzen setzen ist definitiv ein wichtiger Ansatz und Voraussetzung für ein gesundes Selbstwertgefühl. In meinem kommenden Artikel werde ich näher darauf eingehen. Sei gespannt 🙂

      Liebe Grüße
      Mel

      Antworten

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